Wenn jemand zu einem Haus kommt, soll man den Bewohnerinnen und Bewohnern erst einmal Frieden wünschen. Eine schöne Tradition! 

„Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: Friede diesem Haus!“ (Lukas 10,5)

Mich erinnert dieser Segenswunsch an die katholische Tradition der Sternsinger am 6. Januar. Kinder sind als Sternsinger verkleidet und ziehen von Haus zu Haus. Sie singen und sammeln Spenden für soziale Projekte weltweit. Als Dank für jede Spende wird das Haus unter Gottes Schutz gestellt. Symbolisch sichtbar wird dies durch die Inschrift an der Haustür in Kreidebuchstaben: 20*C+M+B+17. Die Meisten denken, dass C+B+M für die drei Weisen aus dem Morgenland, also für Caspar, Melchior und Balthasar stehen. Aber das stimmt ursprünglich nicht. Es heißt:

„Christus Mansionem Benedicat“.

Das bedeutet:

„Christus segne dieses Haus!“

Die aktuelle Jahreszahl rahmt den Segenswunsch.

Die Inschrift erinnert dennoch auch an die drei Weisen. Sie haben laut der Weihnachtsgeschichte nach Matthäus (Mt 2,1) den neugeborenen Jesus in der Krippe in Bethlehem besucht und ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe mitgebracht. Was von dieser Legende tatsächlich geschehen ist, ist zweitrangig. Wichtig ist, dass der Autor des Matthäusevangeliums damit deutlich gemacht hat, dass Gelehrte aus dem Ausland zur Geburtsstätte Jesu gekommen sind, um seine besondere Bedeutung herauszuheben und ihm die Ehre zu erweisen. Sie waren die ersten Zeugen dieses ganz anderen Königs der Juden, der von König Herodes verfolgt, von den Schriftgelehrten beargwohnt und von den Römern gefürchtet worden ist.

Die drei Weisen haben sich vom Stall in Bethlehem nicht irritieren lassen und gerade diesem anderen Ort Frieden gewünscht. Ganz so, wie es das orientalische Gastrecht vorsieht. Es muss kein Palast sein, damit ein Haus ein Ort von Gastfreundschaft und Begegnung wird. Es kann auch eine Krippe sein, die einer Familie und ihrem Neugeborenen Schutz bietet. Oder ein Zelt, eine Turnhalle, ein Container, eine Sozialwohnung oder ein ganz anderer Ort. Nicht die Pracht des Hauses ist entscheidend, sondern der Geist, der in dem Ort wohnt. Die Atmosphäre, die Wärme, die das Haus ausstrahlt, weil jemand sagt:

„Du bist willkommen! Tritt ein und sei mein Gast!“

Ob ich viel oder wenig habe, ist nicht entscheidend, solange das Herz offen ist und ich Anklopfende willkommen heiße.

In Deutschland wurden im Jahr 2015 bis heute Tausende von Ehren- und Hauptamtlichen zu Gastgeberinnen und Gastgebern. Sie haben Geflüchteten zunächst einen provisorischen Ort zur Bleibe angeboten und sich um sie gesorgt. Sie haben sie willkommen geheißen an Bahnhöfen, an Busstationen und wo immer sie ankamen. Die Geflüchteten waren dankbar und erleichtert, dass sie Hilfe erhielten und in einem Schutzraum bleiben durften. Damit ist ihre Odyssee noch lange nicht zu Ende. Viel Kritisches bleibt zu sagen über überfüllte Hallen, lange Wartezeiten, komplizierte Asylverfahren, Sprachschwierigkeiten, Platznot, gegenseitige Überforderungen und auch über wenige, die den Flüchtlingsstrom für kriminelle oder terroristische Zwecke nutzten. Trotzdem. Die überwältigende Mehrheit war aus Kriegsgebieten und Gewaltsituationen geflüchtet. Tausende waren bereits gestorben, Familien auseinander gerissen, etliche verletzt und total erschöpft. Und nun waren sie endlich irgendwo angekommen. Nicht wenige von ihnen sagten:

„Gott segne diese Menschen und diesen Ort, an dem ich endlich ausruhen und auf eine bessere Zukunft hoffen darf!“

Der Friedenswunsch zeigt: bevor es zur Begegnung kommt, steht der Segen: „Friede diesem Haus!“