Bei einem Abstandscafé unterhielt ich mich mit einigen Studierenden über die Jahreslosung für das Jahr 2021. Sie steht im Lukasevangelium.
Und da heißt es: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ (Lukas 6,36)

„Hm, der Vers klingt irgendwie altertümlich“, begann eine Studentin.

„Für mich klingt der Satz so von oben nach unten, so herablassend und von Gnaden halber“, fügte ein anderer hinzu.

Eine dritte formulierte es so: „Also, da stecken für mich die Worte Erbarmen und Herz drin. Da ist das Herz wichtiger als der Verstand. Da redet jemand nicht, sondern tut was.“

„Genau!“, schaltete sich ein vierter ins Gespräch ein. Ich denke da an Empathie. Da öffnet eine Person ihr Herz für die Not von anderen. Sie lässt sich davon berühren und tut was.“

„Was sagt denn die Bibel dazu?“, fragte mich schließlich eine der Studierenden.

„Naja“, begann ich. „Das Wort barmherzig erinnert mich an den barmherzigen Samariter aus der Bibel (Lukas 10). Der sieht auf seinem Weg einen verletzten Mann am Boden liegen. Ohne zu überlegen leistet er erste Hilfe, transportiert ihn dann auf einem Esel zu einer naheliegenden Herberge und bringt ihn dort unter. Am nächsten Tag gibt er dem Wirt Geld für die weitere Pflege des Fremden und kündigt seine Rückkehr an, um sich später selbst über den Zustand des Verletzten zu informieren. Das nenne ich barmherzig. Also, mit dem Herzen zugewandt sein, da sein und helfen, wenn es drauf ankommt. Nicht die Risikoabwägung, nicht Pläne und Termine waren das entscheidende für den Mann, sondern die intuitive Überzeugung helfen zu müssen. Er hat´s einfach gemacht. Und dabei war er pragmatisch, effizient und lösungsorientiert. Nicht mehr, nicht weniger. Er hat sich mit seinem Herzen anrühren lassen.“

„Das erinnert mich an die Unterscheidung zwischen Mitleid und Mitleiden“, kommentierte daraufhin einer. Und er fuhr fort: „Wenn jemand Mitleid hat, dann ist das schön und gut. Aber ändert es etwas? Wenn aber jemand mit-leidet, dann ist er berührt von einer Sache und tut etwas, um die Situation zu verbessern oder – wie bei dem Samariter – um dem Verletzten zu helfen.“

„Das nenne ich umsichtiges Handeln“, erwiderte eine Studentin. „Dafür braucht man Herz und Verstand. Denn das eine schließt das andere nicht aus. Es gehört zusammen: Die Situation mit allen Sinnen wahrnehmen, die Rahmenbedingungen analysieren und entsprechend handeln. Mit Herz, Kopf und Hand. Nur so kann´s gehen.“

„Dann passt die Losung doch ganz gut zum Jahr 2021“, kommentierte ein Student, der bisher nur zugehört hatte. „Im Jahr 2021 haben wir noch voll mit der Covid-19-Pandemie zu kämpfen. Da brauchen wir alle verfügbaren Herzen, Köpfe und Hände. Wir müssen rücksichtsvoll bleiben, aufeinander aufpassen und umsichtig handeln, so wie der Samariter. Bis eine Mehrheit der Leute geimpft ist und wir endlich aufatmen können.“

„Dann werden wir noch viele Leute brauchen, die so drauf sind wie der barmherzige Samariter“, erwiderte eine Studentin. „Barmherzig sein heißt für mich: klug sein und beherzt handeln und sich nicht so rücksichtslos aufführen wie Maskenverweigerer, Verschwörungstypen und Querdenker.
Der barmherzige Samariter kann da ein Vorbild sein für alle, die einfach anpacken und andere unterstützen wollen. Mit Herz, Kopf und Hand.“

Segen
Der barmherzige Gott segne und beschütze uns auf unseren Wegen durch das Jahr 2021 und stärke uns, dass wir aufeinander achtgeben und rücksichtsvoll bleiben.
Der barmherzige Gott segne und behüte uns, dass wir gesund bleiben und Kranke, Geflüchtete und Notleidende mit Herz, Kopf und Hand unterstützen können.
Amen