Diesen Poetry-Impuls habe ich während der Eröffnungsandacht zur Frühjahrakademie des Evangelischen Studienwerks
am 14. März 2022 gehalten.

Hashem, Adonai, du ewiges Du,
ich bitte dich dringend, höre mir zu
Es gibt keine Worte mehr, nur noch Klagen, Schreien
und Horror vor dem Krieg,
Was in der Ukraine geschieht, kennt nur Zerstörung,
Leid der Menschen und keinen Sieg.
Mord, Bombardierung, Leid und Flucht,
Verbrechen gegen die Menschlichkeit, es sei verflucht!

Macht ergreifen, Menschen ausbeuten, Propaganda, Hetzet und Gewalt,
die Themen ziehen sich durch die Menschheitsgeschichte und sind uralt.
Statt Menschlichkeit und Zusammenleben friedlich zu gestalten,
wird Macht missbraucht für Schreckensherrschaft und Entfesselung der Gewalten.

Gott, du Quelle des Lebens, du ewige Kraft,
Wo bleibt deine Autorität und Macht, nimm sie in Haft!
Wo bleibt dein Einspruch gegen Oligarchen, Kriegstreiber und Despoten?
Du bist Gott des Schalom, greif doch endlich ein im Namen der Lebenden und der Toten!

Du hast gezeigt, dass Macht gestalten anders geht.
Du hast Mose und das Volk Israel aus Unterdrückung in Ägypten geführt und den Pharao mit Fluch belegt.
Macht braucht Verantwortung, Rechenschaft und Teilung der Gewalten.
Respekt und Anerkennung brauchen die Jungen und die Alten.

Hashem, Adonai, du ewiges Du,
ich bitte dich dringend, höre mir zu
Es gibt keine Worte mehr, nur noch Klagen, Schreien und Horror
vor dem Krieg,
Was in der Ukraine geschieht, kennt nur Zerstörung, Leid der Menschen und keinen Sieg.
Mord, Bombardierung, Leid und Flucht,
Verbrechen gegen die Menschlichkeit, es sei verflucht!

Gott, Du Schöpferin von Wasser und Luft.
Du hast die Macht über Himmel und Erde, da ist keine Kluft!
Deine Gebote und biblischen Geschichten,
sie zeigen den Menschen deutlich, es geht nicht ums Vernichten,…

… sondern um Bewahren, respektieren, aushandeln und gestalten.
Das sind die komplizierten Mittel von demokratischen Gewalten.
Als Diktator geht´s viel einfacher, du nimmst dir alles mit Unterdrückung, Militär und Ideologie.
Und wo Zivilcourage und Widerstand herrschen, zwingt man sie mit Gift, Waffen und Arbeitslager in die Knie.

Haben wir von den Verbrechen von Hitler, Mussolini, Stalin, Mao Tse Tung, Idi Amin, Pinochet und anderen Despoten nichts gelernt?
von deinem Schalom sind wir Menschen meilenweit entfernt.

Mit Aufrüstung, Machtmissbrauch und Angriffskriegen wird überhaupt nichts gewonnen.
Die Hoffnung auf Frieden ist zwischen zerstörten Häusern und den Toten zerronnen.
Und die machtvolle Stimme orthodoxer Patriarchen gegen Krieg und Vernichtung?
Auf sie können wir lange warten, schon in der Bibel protestierten Prophet:innen gegen ihre Königsnahe Dichtung.

Hashem, Adonai, du ewiges Du,
ich bitte dich dringend, höre mir zu
Es gibt keine Worte mehr, nur noch Klagen, Schreien und Horror vor dem Krieg,
Was in der Ukraine geschieht, kennt nur Zerstörung, Leid der Menschen und keinen Sieg.
Mord, Bombardierung, Leid und Flucht,
Verbrechen gegen die Menschlichkeit, es sei verflucht!

Die Bibel studier´ ich schon lange und such´ nach dir.
Ich will von deiner Vollmacht erzählen, aber einfach ist´s nicht, das glaube mir.
Ich suche nach Zugängen, Haltepunkten und dem Spalt,
durch den ich dich fassen kann, jetzt endlich oder doch zumindest bald.

So lese ich, wie du mit Mose sprichst am brennenden Busch,
das ist fürwahr ein bedeutender Tusch.
Mose fragt dich, was soll ich den Menschen sagen, wer Du bist?
Diese Frage ist existenziell für ihn und keinesfalls eine List.

Was du antwortest, versuche ich in Worte zu fassen.
Sie scheinen so gar nicht zu meinen Bildern zu passen.
Was du sagst, lässt mich meine Gedanken neu sortieren.
Ich will auf keinen Fall den Faden verlieren.

Was du sagst zu Mose, zu mir, zu dir,
das berührt mich sehr und merk´ ich mir:

Ich bin, wer ich bin! Ich bin da und rede mit dir.
Ich bleibe bei dir und segne dich, so glaube mir.
Ich bin bei dir, ohne Leistung und Pflicht.
Ich führe dich aus Unrecht und Unterdrückung, folge meinem Licht!

Ich bin anwesend und abwesend.
verständlich und seltsam, nah und fern.
Ich bin geheimnisvoll und leidenschaftlich
und ich habe die Menschen gern.

Ich bin hier und da, mit Energie und Passion. 
unverfügbar und weit weg von menschlicher Tradition. 
Ich bin die Kraft der Liebe und der Befreiung.
Ich bin jenseits von Kriegen, Dogmen und Parteiung.

Hashem, Adonai, Du ewiges Du!
Ich bitte dich immer noch, höre mir zu!
Deine Worte sind krass anders, Klischees von dir krachen entzwei,
Ein Leben ohne Krieg und Schrecken, ich bin dabei.

Gleichzeitig weiß ich, so ist es nicht:
Putin und die anderen Despoten steh´n nicht mal vor Gericht.
Wo bleibt deine Vollmacht, sie auf Erden zu richten?
Sie sind dabei, Respekt und Menschlichkeit zu vernichten.

Deine Worte rütteln mich auf, doch ich versteh sie nicht.
Gern spräch´ ich mit dir von Angesicht zu Angesicht.
Dem Mose hast du´s damals erklärt.
doch deine Worte, sind sie heute verjährt?

Da spricht Gott weiter und fährt fort:
Was ich jetzt sage, gilt für jeden Ort:

Geh und erzähle den Menschen überall.
Ich bin, wer ich bin, in der Wüste, jenseits von hier und dort und im Stall.
Und du bist, wer du bist, berufen, Freund und Feind zu lieben,
Respektiere dich selbst und andere…

… aber ich bin getrieben!
… Von Hass, Krieg, Unterdrückung und Gewalt.
Das muss auf Erden enden, sonst wird sie nicht mehr alt.
Verantwortung übernehmen, dafür bin ich, du, ihr, wir gemacht.
kämpft gegen Hassverbrechen, Angriffskriege, Gewalt und
nehmt euch davor in acht!

Aber was red´ ich, dir muss ich das alles nicht sagen.
Die Wirklichkeit muss ich trotzdem beklagen.
Schockiert, ohnmächtig und wütend steh ich heute vor dir.
Wenn´s um Krieg, Hass und Unrecht geht,
da werde ich zum Tier.

Von dir gesegnet gegen Krieg, Imperialismus und Wahn.
Was in der Ukraine geschieht, zeigt deutlich: es geht uns alle an.
Voller Sorgen vertrau ich auf dich – mit und ohne Ton.
Und rufe zu dir: Kyrie eleison!
Amen

(c) Kerstin Söderblom