Die Evangelische Kirche in Württemberg ist eine der letzten Landeskirchen in Deutschland, die lesbischen und schwulen Paaren eine kirchliche Segnungsfeier verweigert. Aber es gibt Ausnahmen. Die Initiative Regenbogen setzt sich dafür ein, dass die sich mehren.
Am 9. Juli 2016 haben 16 Kirchengemeinden zwischen Heilbronn und Tuttlingen dem Landesbischof und der Präsidentin der Landessynode der Evangelischen Kirche in Württemberg eine öffentliche Erklärung überreicht. Darin heißt es, dass die Kirchengemeinden offen sind für Lesben und Schwule, für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und auch für gleichgeschlechtliche Pfarrerinnen und Pfarrer, die mit Partnerin oder Partner im Pfarrhaus leben wollen. Dafür haben die Kirchengemeinden die „Initiative Regenbogen“ gegründet. Die Kirchengemeinden kommen aus sieben Dekanaten in drei Prälaturen und betrachten lesbische und schwule Gemeindeglieder und kirchliche Mitarbeitende als Teil der Vielfalt der göttlichen Schöpfung.
Ihre Initiative ist in der Württembergischen Landeskirche keine Selbstverständlichkeit. Die Themen Homosexualität und Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare sind seit Jahrzehnten umstritten. Eine Einigung auf eine einheitliche Regelung ist trotz aller Debatten und Gespräche der letzten Jahre nicht in Sicht. Deshalb gibt es in der Landeskirche für gleichgeschlechtliche Segnungsfeiern auch keine offizielle Regelung. Die Württembergische Landeskirche bildet damit gemeinsam mit der Evangelischen Landeskirche Sachsens das Schlusslicht der evangelischen Landeskirchen zu diesem Thema. Ein guter Überblick über die aktuelle Situation in den anderen Landeskirchen ist auf evangelisch.de zu finden.
Vor diesem Hinergrund ist es um so erfreulicher, dass die Mitglieder der „Initiative Regenbogen“ in Württemberg vorangehen und endlich das tun, was ich mir von jeder christlichen Kirchengemeinde wünsche: Sie öffnen ihre Türen und sagen „willkommen!“
„Willkommen in unserer Kirchengemeinde, unabhängig davon, woher Sie kommen, welche Hautfarbe und welches Geschlecht Sie haben, unabhängig davon, mit wem Sie zusammenleben und wen Sie lieben!“
Das Gebot der Gastfreundschaft und Nächstenliebe bezieht sich auf alle Menschen. Zugleich erkennt die Initiative an, dass Lesben und Schwule, Bi- und Transsexuelle schon lange als haupt- und ehrenamtlich Tätige in Kirchengemeinden und in übergemeindlichen oder diakonischen Einrichtungen engagiert sind. Es geht um ihre Anerkennung als gleichberechtigte Glieder am Leib Christi. Denn, so schreibt es der Apostel Paulus im ersten Brief an die Korinther im 12. Kapitel, wenn ein Glied krank ist, dann sind alle Glieder krank, wenn ein Glied ausgegrenzt wird, dann ist der ganze Leib Christi unvollständig.
Andere Landeskirchen haben diesen Schritt hin zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare vorgemacht. In der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), in der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR), in der Evangelischen Kirche in Berlin, Brandenburg und oberschlesische Lausitz (EKBO) und seit April 2016 auch in der Badischen Landeskirche sind kirchliche Traugottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare möglich. In anderen Landeskirchen sind kirchliche Segnungsfeiern erlaubt. In Schaumburg-Lippe sind Segnungen nur im persönlichen Rahmen zulässig. Nur in der Landeskirche Sachsens und in der Evangelischen Kirche in Württemberg ist eine kirchliche Segnung offiziell nicht erlaubt.
Kirchengemeinderat Reiner Arnold wird von der „Initiative Regenbogen“ auf ihrer Webseite dazu wie folgt zitiert:
„Nur in ganz wenigen Landeskirchen ist derzeit die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare in einem öffentlichen Gottesdienst ausgeschlossen. Württemberg gehört hier zu den Schlusslichtern. Mit Freude haben wir vom Beschluss der Badischen Landeskirche gehört, die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare nicht nur zu ermöglichen, sondern der Trauung heterosexueller Paare gleichzustellen. Das macht uns Hoffnung für den Prozess, der auch in Württemberg in Gang kommen wird. Die Initiative Regenbogen leistet dazu einen Beitrag: Wir ermutigen andere Kirchengemeinden, sich uns anzuschließen, und fordern die Kirchenleitung auf, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare sowie für das Zusammenleben von Pfarrerinnen und Pfarrer mit ihrer Partnerin/ihrem Partner im Pfarrhaus zu schaffen.“
Ich wünsche der „Initiative Regenbogen“, dass ihre Bemühungen erfolgreich sind.
Weitere Informationen und Kontakt zur „Initiative Regenbogen“ auf der Homepage des Bündnisses Kirche und Homosexualität.
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