Am 6.12. ist Nikolaustag. Viele kleine und große Kinder finden da ein Geschenk im Stiefel. Wer dieser Nikolaus wirklich war, wissen aber die wenigsten.

 

Eine Predigt dazu:

Guten Tag,

ich bin Nikolaus von Myra. Also, der Bischof. Ja, da seid ihr vielleicht überrascht. Denn ich sehe gar nicht so aus. Aber nun ja. Wie soll ich es sagen. Den roten Mantel mit der Zipfelmütze und den weißen Rauschebart habe ich gar nicht getragen. Der ist mir erst im Laufe der Jahrhunderte angedichtet worden.
Also konkret: Coca Cola war´s. Als Werbegag haben sie die skandinavische Geschichte vom Rentier Rudolf auf dem Schlitten mit dem Niklaus zusammen gebaut. Das hatt mit mir gar nichts zu tun. Aber der Reihe nach.
Ich komme aus der Stadt Myra in Kleinasien aus der Region Lykien im römischen Reich. Später wurde die Region byzantinisch. Heute heißt der Ort Demre und liegt etwa 100 km südwestlich von Antalya. Ich habe im 4. Jahrhundert nach Christus gelebt.

Geboren wurde ich zwischen 270 und 286 in Patara, einer Stadt in Lykien. Nun ja, ich weiß das halt nicht mehr so genau mit den Daten. Ich bin ja schon etwas älter, nicht wahr?

Mit etwa 19 Jahren wurde ich von meinem Onkel Nikolaus, dem damaligen Bischof von Myra, zum Priester geweiht. Später wurde ich Abt, also der Chef vom Kloster Sion in der Nähe von Myra.

Damals habe ich auch eine Christenverfolgung im römischen Reich erlebt. Etwa 310 nach Christus wurde ich gefangen genommen und gefoltert. Das war schrecklich. Nur weil ich an Jesus Christus geglaubt habe, wurde ich verfolgt. Genau wie viele Tausende andere auch. Was für ein Verbrechen. Aber das kennt ihr heute, glaube ich, auch ganz gut.

Ich habe damals von meinen Eltern ein Vermögen geerbt. Damit konnte ich nichts anfangen. Ich bin ja Priester geworden. Da habe ich meinen Besitz unter den Armen verteilt. Ja, das ist eine historische Tatsache. Sie ist von vielen Geschichtsschreibern bestätigt worden.

In Myra wurde ich dann auch zum Bischof gewählt. Ich hatte also oft einen Bischofsstab und ein Bischofsgewand an. Aber nicht immer. Bloß nicht! Nur im Gottesdienst. Sonst bin ich ganz normal gekleidet durch die Straßen gegangen. Denn mir war es wichtig, nahe bei den Menschen zu sein. Ich habe ihnen zugehört, ihre Geschichten ernst genommen und geholfen, wo ich konnte. Die Leute haben mich gekannt und ich habe mir ihre Sorgen angehört. Klar, als Bischof war ich dazu da, mit den Menschen Gottesdienst zu feiern und zu beten. Aber mir war es auch wichtig zu helfen.

In der christlichen Kunst werde ich meist auf einem hohen Podest  und mit Gewändern eines Bischofs gezeigt. Ich halte dann meistens drei goldene Kugeln in der Hand, manchmal auch Getreide. Diese Symbole erinnern an Legenden, die über mich erzählt werden. Eine geht so:

Ein Mann in Myra hatte drei Töchter. Er war ratlos und traurig. Er wollte gerne, dass seine Töchter heiraten können. Aber er konnte ihnen nichts mitgeben. Denn er war arm. Damals hatte eine junge Frau keinerlei Aussichten zu heiraten. Sie brauchte vom Vater eine ordentliche Aussteuer. Sonst ging gar nichts. Der Vater wusste aber nicht mehr, wie er die Familie ernähren sollte. Alle mussten hungern. Der Vater sah nur noch einen Ausweg: Er musste seine Töchter auf die Straße schicken. Sie wissen schon. Das älteste Gewerbe der Welt. Der Bischof Nikolaus – also ich – erfuhr von dieser schlimmen Not. Eines Nachts habe ich  drei goldene Kugeln ins offene Fenster der Hütte geworfen. Das war eine gute Aussteuer für jede. Ich tat  es nachts. Damit mich niemand sah. Ich habe geholfen, weil geholfen werden musste. Die Menschen sollten Gott danken nicht mir..

Und dann erzählt man noch eine andere Geschichte über mich: In Myra herrschte eine fürchterliche Hungersnot, unter der die Menschen sehr litten. Ich habe für die Menschen gebetet. Da führte der Wind ein Schiff mit Getreide in die Bucht vor der Stadt. Ich drängte die Besatzung dazu, Getreide abzugeben. Ich habe alles unter den Witwen, Müttern, Kranken und anderen Bedürftigen ausgeteilt. Und als das Schiff wieder weitersegelte, fehlte den Seefahrern nichts von ihrer Fracht! Tja, da könnt ihr mal sehen: Was geteilt wird, vermehrt sich.

Ich war im Jahr 325 übrigens auch bei dem großen Konzil in Nicäa dabei. Wie? Ihr wisst nicht, was da los war? Meine Güte. Unglaublich! Also. Da sind über zweihundert Bischöfe aus dem ganzen Römischen Reich nach Nicäa gefahren und haben sich dort versammelt. Der römische Kaiser Konstantin hatte sie in seine nahe am Bosporus gelegene Sommerresidenz eingeladen. Kaiser Konstantin hatte in seinem Reich gerade das Christentum als Staatsreligion eingeführt. Es gab also endlich keine Christenverfolgung mehr. Die Bischöfe sollten daraufhin wichtige Fragen des christlichen Glaubens klären. Und ich war auch dabei.

Es war nämlich ein Streit ausgebrochen über den richtigen Glauben. Jaja, das zieht sich durch die Jahrhunderte durch. Immer diese Glaubensfragen. Und die Frage nach der einzigen Wahrheit. Das konnte nicht gut gehen. Und heute geht´s auch nicht gut, wenn jeder auf seiner Wahrheit beharrt und die über alles setzt. Naja. Also damals ging es um die Frage, ob Jesus wirklich von Gott zu den Menschen gekommen war, ob er also wirklich Gottes Sohn war. Manche bestritten das. Ich glaubte fest daran. Wie übrigens die Mehrheit des Konzils.

Ich war davon überzeugt, dass der ewige Gott in Jesus Mensch geworden war. Dadurch hat er den Menschen seine Liebe gezeigt. Und wer von dieser Liebe ergriffen wird und sie in seinem Leben spürt, der kann auch für andere da sein. So ist es mir in meinem ergangen. Ich habe Gottes Liebe erfahren und deshalb konnte ich sie auch weitergeben. Nicht nur mit guten Worten, sondern auch mit Taten. Und ich habe gemerkt, dass wenn ich Zuwendung verschenke, mindestens genauso viel Zuwendung von anderen wieder in mein Herz zurückkehrt. Wunderbare Sache! Das mit Gottes  Sohn haben wir dann auch im Nicänischen Glaubensbekenntnis festgehalten. Aber das ist eine andere Geschichte.

Was man von meiner Geschichte lernen kann? Naja, einerseits könnt ihr an meinem Sterbetag, also am 6. Dezember, an mich denken und meine Geschichte weiter erzählen, so wie ich das heute für euch tue. Andererseits möchte ich euch meine Botschaft weiter geben:

Sei an jedem Tag Deines Lebens für einen anderen Menschen für einen Moment der Nikolaus oder die Nikolausin! Dann ist es gut.

Diese Predigt habe ich – zum Dialog verändert – mit Silke Bölts gehalten am 6.12.2017 beim Evangelischen Studienwerk in Villigst.

Anregungen habe ich erhalten von der Materialstelle für Gottesdienst, Nürnberg.