Gedanken zum Monatsspruch Juli 2016 zum Thema sehen ohne zu sehen. Unlogisch? Unverständlich? Dann lest selbst.
„Gott gab zur Antwort: Ich will meine ganze Schönheit vor dir vorüberziehen lassen und den Namen Gottes vor dir ausrufen. Ich gewähre Gnade, wem ich will und ich schenke Erbarmen, wem ich will.“ (2. Mose 33,19)
Mose wollte Gottes Antlitz sehen. Zur Versicherung, zur Stärkung. So einiges hatte er schon mit den Israelitinnen und mit Gott erlebt, seit sie aus der Sklaverei in Ägypten geflohen waren und entkräftet, hungrig und durstig durch die Wüste zogen. Endlich kamen sie am Berg Sinai an. Endlich konnten sie eine längere Pause machen. Mose nutzte sie, um auf den Berg Sinai zu steigen und mit Gott zu sprechen. Er bekam von Gott die Gesetzestafeln.
Als Mose vom Berg Sinai zurück kam, tanzten seine Leute um ein aus Schmuck gegossenes Goldenes Kalb. Das war zu viel für ihn. Er wurde wütend, zerschmetterte die von Gott erhaltenen Gesetzestafeln und veranlasste, das Götzenbild umgehend wieder einzuschmelzen. Mose ging danach erneut auf den Berg Sinai, um sich mit Gott zu besprechen. Aber nun brauchte Mose handfeste und sichtbare Vergewisserung. Er wollte Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Der obige Vers ist Gottes Antwort darauf.
Gott versprach, in seiner ganzen Schönheit an Mose vorbeizuziehen. Im Hebräischen heißt Schönheit eigentlich Glanz. Das Wort ist hergeleitet von dem Wort „Kabod“ (schwer sein). Im doppelten Sinn des Wortes: Schwer an Gewicht und schwer an Würde. So schwer, dass kein Mensch diesen Glanz tragen oder aushalten kann (2. Mose 33, 20-23). Auch sein treuer Gesandter Mose konnte das nicht. Gott hielt ihm daher die Hand vor Augen. Mose konnte Gottes Angesicht nicht sehen, als Gott an ihm vorüber ging. Gottes Glanz hat er trotzdem gespürt und vor allem Gottes Namen gehört.
Gottes Glanz ist nicht abbildbar. Deshalb gilt auch das biblische Bilderverbot. Übertragen heißt das: Gott ist nicht definierbar, nicht etikettierbar oder kategorisierbar. Niemand besitzt Gott, niemand kann Gott fassen. Gott bleibt immer die ganz Andere. Eine Kraft, die unverfügbar bleibt für menschliche Ideologie und menschliche Pläne. Eine Vollmacht, die Gnade und Erbarmen gewährt. Gottes Glanz lässt sich weder in ein Goldenes Kalb pressen noch in irgendeinen anderen materiellen Wert. Gott übersteigt menschliche Grenzen .
Gleichzeitig ist Gott ansprechbar. Zwiesprache ist möglich! Gott hat mit Mose gesprochen. Und nicht nur mit ihm. Im Gebet, beim Meditieren, auf einem Berg, in Gemeinschaft. Gott ist da.
„Ich bin der, der ich sein werde!“,
sagte Gott zu Mose, als er mit ihm das erste Mal sprach. Und Gott wurde zur befreienden Kraft aus der Unterdrückung in Ägypten, zur sichtbaren Wolke am Tag und zur Feuersäule in der Nacht, um den Geflüchteten Orientierung in der Wüste zu geben. Gott blieb da. Sichtbar, spürbar. Und doch ganz anders als gedacht.
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