Der Monatsspruch vom Januar 2018 beschäftigt sich mit dem Ruhetag aus biblischer Sicht. Ich verstehe darunter vor allem eine Unterbrechung des Alltags.
„Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du und dein Sohn und deine Tochter und dein Sklave und deine Sklavin und dein Rind und dein Esel und dein ganzes Vieh und dein Fremder in deinen Toren.“ (Dtn 5,14)
„Unterbrechung ist die kürzeste Definition von Religion.“ (Johann Baptist Metz)
So hat es der katholische Theologe Johann Baptist Metz einmal sehr treffend ausgedrückt. Er beschreibt damit einen Kerninhalt der meisten Religionen. Es geht darum, bewusst und möglichst regelmäßig aus den Zwängen des Alltags auszusteigen und inne zu halten. Die klösterlichen Tagzeitengebete sind solche Formen der Unterbrechung oder die fünf Tagesgebete der Moslems. Auch der Shabbat im Judentum, die Sonntagsruhe im Christentum und das Freitagsgebet im Islam bezwecken nichts anderes. Die Gläubigen sind eingeladen innezuhalten, das Tagewerk ruhen zu lassen und bewusst auf die Rhythmen des Tages und der Woche zu achten. Ein Gottesdienst, ein Gebet, ein Moment der Stille, ein Spaziergang, ein gemeinsames Essen oder ein Besuch bei Freundinnen und Freunden können solche Unterbrechungen erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen.
Wer nach solchen Rhythmen lebt, macht regelmäßig Pausen, schaut zurück und nach vorn, kann dankbar wahrnehmen, was gut gelungen ist. Wer so bewusst lebt, kann meist auch schneller erkennen, wo Konflikte sind oder Krisen bearbeitet werden müssen. Unterbrechungen können vor scheinbaren Sachzwängen, Hamsterrädern, Überforderungen und zu viel Arbeit ohne Pausen schützen. Jedenfalls verhelfen sie dazu, sich bewusster auf einen Tagesrhythmus einzustellen und nicht besinnungslos über die eigenen Grenzen hinweg zu arbeiten oder anderes zu tun.
Diese Haltung zu Tages- und Wochenrhythmen sind nicht nur eine persönliche Angelegenheit. Sie haben auch eine politische und eine wirtschaftliche Dimension. Letztere zeigt klar auf, dass Erwerbstätige regelmäßig Pausen und Urlaubstage brauchen. Aber auch Menschen, die ehrenamtlich tätig sind oder in Kindererziehung oder in Alten- und Krankenpflege eingebunden sind, brauchen diese Unterbrechungen und Pausen. Sonst werden Menschen unzufrieden, brennen aus, werden krank oder depressiv. Der volkswirtschaftliche Schaden ist in Deutschland immens, und er steigt kontinuierlich an.
Unterbrechungen helfen aber auch, aus Empörungsschleifen, aus Hassrhetorik und physischen und psychischen Gewaltspiralen auszusteigen. Nur wer auf Hass nicht mit Hass antwortet, auf Gewalt nicht mit Gegengewalt, hat eine Chance Gewalt und Aggressionen zu unterbrechen. Das gilt im privaten wie im öffentlichen Bereich.
In Zeiten von anonymen Tweets und Postings, die in Sekundenschnelle hundert- und tausendfach verbreitet werden, ist das schwierig, und es mag naiv klingen. Ich bin dennoch davon überzeugt: Gerade deshalb ist es ist elementar. Erst einmal tief Luft holen, bis zehn zählen, nachdenken und abwägen. Dann posten, tweeten, agieren oder reagieren. Wir brauchen eine faire politische Kultur und eine besonnene und respektvolle Zivilgesellschaft. Sonst zerstören wir unser friedliches Miteinander, das wir zumindest in Europa in Jahrzehntelanger Arbeit mühsam aufgebaut haben. Ideologische Schnappatmung und politischer (Verbal-)Extremismus helfen da genauso wenig wie extremer religiöser Eifer. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen und uns allen ein achtsames Jahr 2018 mit vielen kleineren und größeren Pausen und Unterbrechungen.
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