Jesu letzte Worte vor seinem Tod waren programmatisch. Sein Auftrag war beendet. Mehr gab es weder zu tun nach zu sagen. Es war vollbracht.
Als Jesus den Essig bekommen hatte, sagte er : „Es ist vollbracht!“
(Johannes 19,30)
„Memento Mori“, im Angesicht des Todes leben. Das klingt gut, ist aber vermutlich das schwerste, was ein Mensch von sich oder anderen erwarten kann. Wie soll ich leben, wenn ich den Tod erwarte, weil ich eine schwere Krankheit habe und keine Hoffnung besteht? Wie soll ich leben, wenn ich einen schweren Tumor diagnostiziert bekomme oder mich eine andere Diagnose quält, die nicht zu heilen ist? Wie soll ich das als Angehörige ertragen?
Jesus hat seine Aufgabe im Angesicht des Todes angenommen. Es ging nicht darum, den Tod zu überlisten oder gar unsterblich zu sein. Ganz im Gegenteil, Jesus ist in die tiefste Tiefe des menschlichen Lebens hinabgestiegen. Er hat sich nicht über menschliche Bedingungen hinweggesetzt, sondern Zerbrechlichkeit und Sterblichkeit durchlitten, bis zum bitteren Ende.
Zuvor hat Jesus sein Leben gelebt. Er hat leidenschaftlich gepredigt und sich kritisch gegen gängige Lehrsätze gestellt, wo sie gegen das Wohl von Menschen standen. Denn das Gesetz sollte für den Menschen da sein und nicht der Mensch für das Gesetz. Das gefiel nicht allen in seinem Umfeld. Er wusste, dass er sich damit in Lebensgefahr gebracht hatte.
Nur drei Jahre lang dauerte insgesamt sein öffentliches Wirken. In der Zeit hat er maximale Wirkung bei den Menschen entfaltet, denen er begegnet ist. Er hat sie berührt und verändert. Er hat ihnen Hoffnung geschenkt und eine Botschaft mitgegeben: Ehret Gott und respektiert euren Nächsten wie euch selbst. Sein Reden und sein Handeln haben ihn gefährdet. Er hat trotzdem weiter gemacht und sein Leben bewusst gelebt – bis in den Tod. Kein Wunder, dass er alle Strapazen, Ängste und Schmerzen am Kreuz ausgeatmet hat. Seine Aufgabe war beendet. Es war vollbracht. Mehr gab es nicht zu sagen.
Menschen anderen Glaubens fragen Christinnen und Christen bis heute immer wieder, warum der christliche Glaube eigentlich ein Kreuz, also ein Folterwerkzeug, in den Mittelpunkt stellt. Statt ein Zeichen des ewigen Lebens zu wählen. Was ich dazu denke: Jesus ist tatsächlich gestorben. Er ist hinabgestiegen in das Reich des Todes. Er hat Kreuz und Tod nicht ausgelassen. Er hat Schmerzen und Tod durchlitten wie Millionen Menschen vor und nach ihm auch. Erst dadurch hat seine Botschaft eine existenzielle Dimension erhalten. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Aber er kann von Menschen auch nicht ausgetrickst werden. Er gehört zum Leben dazu. Genauso wie Krisen, Leid, Krankheit und Schmerzen. Die Tiefen des Lebens sind menschlich. Für jeden Menschen. Auch für Jesus.
Wer im Angesicht von Krisen, Leiden und Tod lebt und für einen geschenkten Augenblick dankbar ist, der lebt sein Leben bewusst. Arroganz hat da keinen Platz, genauso wenig wie der Gedanke, dass das Leben immer so weiter geht und dass Menschen irgendwann ewig jung und unsterblich sein könnten.
„Memento mori“: Den Tod annehmen ist das Letzte, das jeder Mensch zu tun hat. Dieser Akt öffnet alle Sinne für ein bewusstes Leben. Jesus hat es den Gläubigen vorgelebt. Gleichzeitig hat er ihnen gezeigt, dass der Tod trotz Verlust, Angst und Schmerzen nicht das Ende ist. Am dritten Tag ist Jesus von den Toten auferstanden. Ostern zeigt uns: Leben ist ohne Tod nicht zu haben. Für niemanden. Aber die Hoffnung lebt. Denn Leben ist trotzdem lebenswert, wertvoll und kostbar, gerade weil die Menschen sterblich sind.
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