Gerechtigkeit und Liebe gehören zusammen. Das wurde bei der Traupredigt von Bischof Michael Curry für Meghan Markle und Prinz Harry deutlich.
„Sät Gerechtigkeit und erntet nach dem Maße der Liebe! Pflüget ein Neues, solange es Zeit ist, den Herrn zu suchen, bis er kommt und Gerechtigkeit über euch regnen lässt. (Hosea 10,12)
Gerechtigkeit und Liebe gehören zusammen. Liebe ist also nicht nur ein romantisches Gefühl zwischen zwei Verliebten mit Bauchkribbeln, Hormontänzen und körperlicher Anziehung, sondern weit mehr. Es geht um eine liebevolle, und ich ergänze wertschätzende Haltung anderen Menschen gegenüber. Eben nicht nur denen gegenüber, die ich liebe, sondern allen Menschen gegenüber.
Es geht darum, gerecht und respektvoll zu handeln. Auch wenn ich Menschen nicht mag, auch wenn sie mir manchmal auf die Nerven gehen. Genau dann geht´s ums Eingemachte. Dann kommt´s drauf an. Denn nur dann kann ich zu einem gerechten Miteinander beitragen, also Gerechtigkeit säen in der Sprache des Propheten Hosea. Gleichzeitig kann ich dadurch mithelfen, dass Bedingungen sich so verändern, dass gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe, gleicher Zugang zu Ressourcen und faire Kommunikation auf Augenhöhe dabei herauskommen.
Nur damit keine Missverständisse aufkommen: Es geht nicht darum, alles gut zu finden, was andere Menschen tun. Es geht auch nicht darum dauernd nett zu sein oder meine eigenen Positionen zu verleugnen. Ganz und gar nicht. Stattdessen geht es bei allen Auseinandersetzungenbund bei allem Ringen um demokratische Prozesse darum, anderen den gleichen Respekt entgegenzubringen wie denen, die ich sowieso mag.
Große Worte. Schwer durchführbar!? Genau so ist es. Aber trotzdem oder gerade deswegen ist
„Liebe der einzige Weg“.
So hat es Bischof Michael Curry bei seiner Trauansprache bei der kirchlichen Trauung von Meghan Markle und Prinz Harry im Mai 2018 formuliert. Michael Curry ist Bischof von Chicago und seit 2015 das Oberhaupt der Episkopalkirche der Vereinigten Staaten. Er ist der erste Afroamerikaner, der dieses Amt innehat. Die Episkopalkirche ist ein Ableger der Anglikan Church of England. Außerdem ist Bischof Curry Mitglied der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. Er unterstützt die Rechte von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen und setzt sich aktiv für die Versöhnung von Schwarzen und Weißen ein. Er hat also ein klares Verständnis davon, was Gerechtigkeit und Solidarität in der Praxis bedeuten.
Schon im ersten Satz seiner Predigt zitierte Bischof Curry den schwarzen Bürgerrechtler Martin Luther King Jr.
„Wir müssen die Macht der Liebe entdecken, die heilende Kraft der Liebe. Und wenn wir das entdecken, dann werden wir aus dieser alten Welt eine neue machen können. Liebe ist der einzige Weg.“
So fasste Bischof Curry Martin Luther King Jr. zusammen. Letzterer verknüpfte seinen Kampf gegen Rassismus und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit mit der Haltung von Liebe und Respekt. Ziel war es, dadurch eine neue und gerechtere Welt zu schaffen. Unsentimental und kämpferisch. Sein Motto: Wer für Gerechtigkeit und Befreiung aus Unterdrückung und Ungerechtigkeit kämpft, der muss auch für eine Haltung von Respekt allen gegenüber einstehen. Nicht nur gegenüber den eigenen Leuten.
Die biblische Geschichte von der Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei in Ägypten hat dafür die Vorlage geliefert. Gott war damals die befreiende Kraft. Als liebender und mitleidender Gott hat er das Volk Israel aus der Sklaverei geführt. Gleichzeitig hat er das Volk Israel darauf verpflichtet, selbst Respekt und Solidarität gegenüber den Fremden, Witwen und Notleidenden zu zeigen. So wie Israel einst Solidarität und Hilfe in der Unterdrückung erfahren hatte, so sollten sie fortan alle anderen behandeln.
„Liebe kann helfen und heilen, wenn nichts anderes das vermag.“
Bischof Curry sprach von der bedingungslosen und selbstlosen Liebe. Sie kann Leid lindern. Sie kann heilen und Menschen befreien. In seiner leidenschaftlichen und couragierten Predigt hat er die Herzen von Millionen von Zuhörerinnen und Zuhörern auf der ganzen Welt erreicht. Nicht wenige sprachen nach der royalen Hochzeit davon, dass Bischof Curry mit seiner Traupredigt dem Brautpaar die Show gestohlen habe. Selbst das US-Magazin Vanity Fair twitterte danach, dass Bischof Curry den besten Teil der Feierlichkeiten geliefert habe. Von so einer Wirksamkeit träumte wohl auch der Prophet Hosea, als er schrieb:
„Säet Gerechtigkeit und erntet nach dem Maße der Liebe!“
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